Montag, 28. April 2014

Projektbesuch Mosambik, Kazuzo: Wenn für die Schule keine Zeit bleibt...

Reisetagebucheintrag 17. April 2014:
Unsere erste Station in Kazuzo ist wieder das Haus des "Development-Facilitators". Dort warten wir auf einen freiwilligen Community Worker, der uns zu einer Familie bringen soll, die sehr abgelegen lebt. Da nur er weiß, wie wir dahin kommen, sind wir auf seine Hilfe angewiesen. Im Moment verhandelt er aber noch mit einem Chinesen, der irgendwas von ihm mieten will...

Während wir warten, kommen wieder allerhand Neugierige heran, um sich die beiden weißen Frauen näher anzusehen. Viele, die aussehen wie wir, kommen hier offenbar nicht vorbei.
Besonders die Kinder signalisieren mir immer wieder, dass sie fotografiert werden wollen, und werfen sich in Pose, sobald ich meine Kamera zücke.
Dann ist es endlich soweit und wir fahren los. Da man nicht mit dem Auto bis zum Haus der Familie fahren kann, steht uns ein Fußweg durch den Busch bevor. Wie lange der sein wird, lässt sich nicht herausfinden: Die Distanzen werden hier nur geschätzt, ebenso wie die Zeit, die man benötigt, um irgendwo hinzukommen. Wir sind also gespannt...
Wir folgen einem schmalen, gewundenen Feldweg. Die mannshohen Pflanzen am Wegrand versperren uns die Sicht, man sieht jeweils nur bis zur nächsten Biegung.
Wie immer, wenn man einen Weg nicht kennt, kommt er einem länger vor. Trotzdem glaube ich, dass wir mindestens eine halbe Stunde unterwegs sind, vielleicht auch länger. Die Vorstellung, dass jetzt irgendwo eine Schlange aus dem Gebüsch kriecht, ist nicht sehr verlockend: Wenn hier und jetzt einer von uns gebissen wird, dann war´s das. Aber wir haben Glück, keine Schlange weit und breit...
...nur ein paar Ziegen suchen am Wegesrand nach Essbarem.
Bevor wir ankommen, müssen wir noch einen Bach durchqueren, es gibt keinen anderen Weg. Also Schuhe und Socken ausziehen und barfuß durchs knietiefe Wasser. Es sind zwar nur wenige Meter, aber mir fällt trotzdem ein, dass es hier doch auch sowas wie Bilharziose (auch Schistosomiasis genannt, eine sehr unerfreuliche Wurmerkrankung) geben soll. Aber das vergess ich lieber schnell wieder!
Und dann sind wir auch schon am Ziel unserer "Expedition". Die Familie erwartet uns bereits.
Auch hier haben sich wieder jede Menge Schaulustige aus der Nachbarschaft eingefunden, die die Abwechslung, die unser Besuch bringt, nicht versäumen wollen.
Hergekommen sind wir, weil es in der Familie ein Problem gibt: Die Mutter ist seit längerem krank und daher auf die Hilfe ihrer kleinen Tochter angewiesen. Welche Krankheit die Frau hat, weiß sie nicht, sie war nur einmal deswegen in der Gesundheitsstation. Dort konnte man ihr nicht helfen und hat sie ins nächste Krankenhaus geschickt. Das ist allerdings sehr weit entfernt und ohne Transportmittel nicht zu erreichen. Ob sie dort jemals war, konnten wir nicht herausfinden.
Was Margarida, die Mutter, genau hat, weiß sie nicht. Sie hustet, klagt über Magen- und Knochenschmerzen und hat sehr starke, langandauernde Regelblutungen.





Das Mädchen heißt Angelina und ist wohl zehn, maximal zwölf Jahre alt (genau wissen das die Leute nur, wenn sie in der Geburtsurkunde nachschauen, so wichtig wird das Alter hier offenbar nicht genommen). Sie muss im Haushalt helfen, eigentlich sogar den Großteil der Hausarbeiten erledigen, weil die Mutter dafür zu schwach ist. Saubermachen, Wasserholen, Geschirrwaschen, Wäschewaschen, Kochen und dann auch noch bei der Feldarbeit mithelfen.

Angelinas Pflichten im Haushalt sind vielfältig. So ist sie zum Beispeil fürs Wasserholen zuständig. Das schöpft sie aus einem kleinen Tümpel in der Nähe. Sauberes Wasser sieht anders aus...
Da bleibt für die Schule dann keine Zeit. Erst recht, weil der Weg zur nächstgelegenen Schule weit ist. Dabei würde das Mädchen sehr gern in die Schule gehen. Sie möchte einmal Lehrerin werden.
Ein Jahr lang hat Angelina die Schule besucht, dann wurde ihre Mutter krank. Seit mittlerweile drei Jahren muss sich Angelina um den Haushalt kümmern. Für die Schule bleibt seither keine Zeit mehr.
Nach einem längeren Gespräch mit der Familie, bei dem wir so viele Rahmenbedingungen wie möglich abklären, brechen wir wieder auf. Eines steht fest: Auch wenn wir nach diesem ersten Besuch noch nicht wissen, wie: World Vision wird versuchen zu helfen.

Nach unserem abenteuerlichen Rückweg durch den "Dschungel" setzen wir uns ins Auto und machen uns zu unserem nächsten Programmpunkt auf.

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