Dienstag, 12. Februar 2013

Eine Mutter sehnt sich nach ihrem Zuhause

von Muganzi M. Isharaza

Es ist 5 Uhr in einer kleinen Stadt in Zentral-Mali. Die Sonne ist noch nicht sichtbar, hat allerdings bereits begonnen, das Dunkel der kalten Nacht zu verdrängen. Und in einem kleinen Zwei-Zimmer-Haus, kaum größer als zwölf Quadratmeter, erwacht die 32jährige Mariam. Sie geht vorsichtig zwischen den noch schlafenden Kindern herum, um sie nicht zu wecken. Neun Kinder sind in diesem einen Raum gedrängt. Der zweite Raum ist die Speisekammer und zugleich "Wohnzimmer", aber es gibt dort kaum Platz zu sitzen.

Mit nur einem Raum zu schlafen, ist Mariam immer noch unter den Glücklichen: Viele andere Binnenflüchtlinge sind von ihren Kindern getrennt oder haben kein Haus zu schlafen.

"Einige der anderen Familien, die aus Timbuktu geflohen waren, hatten keine Wahl, als ihre Kinder ziehen zu lassen und sich um Land und Eigentum zu kümmern", sagt sie, "und jetzt, machen sie sich jede Nacht Sorgen darüber, ob ihre Kinder noch am Leben sind."

Mariam bereitet Frühstück für ihre Kinder, bevor sie diese um 6.30 weckt. Dann macht sie ihre Kinder bereit für die Schule. Später fegt den Hof, räumt die beiden Räume, die sie ihr Zuhause nennt, und geht auf den Markt.

"Der Markt ist hier nicht viel anders an jener zu Hause", sagt sie, "aber ich kann mir weit weniger als früher leisten."
Mariam floh mit ihren Kindern am 9. Jänner aus Timbuktu, aber ihr Mann, Yussuf, musste dort bleiben, um auf den Besitz der Familie aufzupassen. Am 30. Jänner hat sie zuletzt etwas von ihm gehört. Sie weiß nicht, ob er überlebt hat. Zwar hat Mariam über die erfolgreiche Rückeroberung Timbukutu von der malischen und französischen Armee gehört, doch das beruhigt sie nur wenig.

"Den ganzen Tag und die ganze Nacht mache ich mir Sorgen um ihn. Ich mache mir Sorgen, dass er tot ist. Dann sage ich mir, nicht an solch schreckliche Dinge zu denken", sagt Mariam, bevor sie hinzufügte: "Aber dann kann ich wirklich nichts dafür. Er ist die ganze Zeit in meinem Kopf."

Wie die meisten Binnenvertriebenen in Mali ist Mariam mit Verwandten zusammen gezogen und stützt sich auf ihren Lebensunterhalt. Sie lebt in einer kleinen Ecke ihres Hauses, isst ihre Nahrung und trägt sogar ihre Kleidung. Da sie von ihrem Mann getrennt ist und hat kein eigenes Einkommen hat, ist sie auf Mildtätigkeit angewiesen.

"Weil ich mit den Kindern kam, gibt es nicht genug zu essen", erklärt Mariam. "Wir haben daher beschlossen, dass die Erwachsenen nur Frühstück und Mittagessen zu sich nehmen, und die Kinder teilen sich das Abendessen, was der Rest des Mittagessens ist."

Es war nicht immer so. In Timbukutu war Mariam Lehrerin und unterrichtete in der Grundschule. Ihr Mann war ein Händler von Vieh und Schmuck. Sie hatten ein paar Tiere und im Hinterhof einen kleinen Gemüsegarten. In Timbukutu konnten sie sich drei Mahlzeiten pro Tag für alle leisten. Sie waren nicht reich, aber zumindest konnten sie sich leisten, ihre Familie zu ernähren.

"Hier fühle ich mich wie eine Belastung für meine Eltern. Denn meine Kinder können jetzt nur noch zwei Mahlzeiten statt drei pro Tag essen ", klagt Mariam."Natürlich beschweren sie sich nicht darüber, aber es ist immer noch eine Tatsache."

Am Mittag kommen die Schulkinder Hause gelaufen. Sie essen schnell ihre Mahlzeit und eilen hinaus zu spielen. Für den Großteil des Nachmittags sitzt Mariam auf der Veranda, trinkt Tee und denkt an bessere Tage.

"Jedes Mal, wenn ich nach meinen Kinder sehe, lächle ich, wohl wissend, dass sie zumindest sicher sind", sagt sie. "Aber jedes Mal, wenn sie sich aus meinem Blickfeld entfernen, sind meine Gedanken wieder zurück zu Hause und bei meinem Ehemann."

Mariam weiß nicht, was in den nächsten Wochen passieren wird. Während die bewaffneten Oppositionsgruppen aus Timbukutu geflohen sind, werden Rachemorde gemeldet. Wenn ihr Mann noch lebt, könnten sie und die Kinder im nächsten Monat nach Hause zurückkehren, wenn sich die Probleme gelegt haben sollten. Ansonsten... naja, Mariam möchte nicht mehr über Alternativen nachdenken. Das ist alles, was sie nun tun kann.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen