Dienstag, 6. März 2012

Leere Schulbänke und alte Männer

Es ist drei Uhr nachmittags, das Klassenzimmer strotzt vor Leben. Wir verbringen unseren Tag mit den Kindern von Toungouzou in ihrer Schule, die von World Vision gebaut wurde.

Sie sieht wie die meisten Schulen aus, die wir besucht haben und auch der leichte Geruch des Kalkstaubs, die Klänge der Lieder und die mit Mappen gefüllten Regale machen diese Schule typisch für die Region. Die Kinder im Alter zwischen sechs und 13 Jahren sind neugierig auf die Besucher, die ihre neu erlernten Fähigkeiten bestaunen werden. Ein Mädchen in rotem Kleid und Kopftuch kommt zu uns, um uns das neue Lied zu präsentieren. Sie lächelt scheu zu unserem Applaus. Später erfahren wir, dass sie zwölf Jahre alt ist und hofft, eines Tages Ärztin zu werden.

Im Schatten der Krise
Hinter all den Hoffnungen und Träumen dieses Klassenzimmers wirken die Folgen der Nahrungskrise im Sahel immer stärker. Es gibt schon leere Plätze im Klassenzimmer, die früher besetzt waren. „Unser Gebiet ist von der Krise wirklich betroffen“, sagt der Schulleiter Amirou Yacouba. „Drei von vier Familien haben das Dorf mit ihren Kindern verlassen, um in der Stadt Zinder nach Nahrung zu suchen.“
Wir sprechen mit Alia Abdou, einer zehnfachen Mutter und dreifachen Grossmutter. Stolz trägt sie ein Kopftuch und ein Kleid, mit einem Logo von World Vision Niger. Sie drückt ihren Dank über all die bereits getane Arbeit aus – die Verteilung von Saatgut in den letzten, trockenen Jahren, die Anlage eines Brunnens in der Nähe des Dorfes; aber sie will auch sichergehen, dass wir die momentane Wirklichkeit genügend wahrnehmen. Sie gestikuliert in Richtung der Dorfältesten, alle mindestens fünfzig Jahre alt und erzählt uns, dass sie die einzigen Männer in dem Dorf seien. All die jungen Männer hätten in ihrer Verzweiflung das Dorf verlassen, weil sie ihre Familien nicht mehr ernähren konnten. „Jetzt gibt es einige Familien, die überhaupt nichts in ihrem Haus zu essen haben“, sagt Abdou.
Die Frage nach der Zukunft
Unsere Frage nach der Zukunft der Kinder im Dorf stimmt sie traurig. Sie hoffe, dass vielleicht bald die Schulen wieder Mahlzeiten anbieten können, um die Bäuche der Kinder zu füllen, sagt sie schliesslich. Grosse Träume von der Zukunft – und die harte Wirklichkeit des Tag-für-Tag-Lebens: Sie prallen in diesem kleinen Dorf aufeinander, während die Familien versuchen, in dieser aktuellen Nahrungskrise zu bestehen.

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