Donnerstag, 6. September 2012

Tag 3: Projektbesuch in Lubulini

“Mein größter Wunsch? Zwei kleine Räume für die Kinder, damit sie bei Regen geschützt sind!” sagt eine freiwillige Helferin in der Kindertagesstätte ... Sie hockt mit ihren 59 Schützlingen im Freien vor der kleinen Holzhütte und erzählt von ihrem täglichen Leben. Über 20 Kinder sind Vollweisen, viele haben nur noch einen Elternteil. Wir sitzen mitten unter ihnen und hören zu. Als wir unsere mitgebrachten Geschenke austeilen, sehen wir die Freude und die Begeisterung der Kinder. Luftballone fliegen, Bälle auch, und Elfi beginnt spontan ein Tänzchen mit den Helferinnen, gegenseitiges Poporeiben und Gelächter inklusive. Und das, wo wir nur wenige Minuten zuvor erfahren haben, dass es momentan große Probleme mit der Lebensmittelversorgung gibt. Jetzt behelfen sie sich mit dem Wenigen, das noch da ist.
Hut ab vor diesem Lebensmut angesichts der wirklich schwierigen Umstände.

Doch dieser Tag hat noch mehr für uns bereit, das uns nahezu unvorstellbar erscheint. Bei 37 Grad kämpfen wir uns durch den staubtrockenen Busch zu einem matschigen Wasserloch, an dem Kühe und andere Tiere weiden und trinken. Es ist dasselbe Wasserloch, aus dem sich die Bewohner mühsamst einige Liter täglich erkämpfen. Unermüdlich lassen sie Kübel um Kübel in die Tiefe und ziehen sie halbwegs gefüllt wieder herauf. Rund 15 Liter benötigt jeder, und es braucht Stunden, bis sie halbwegs zusammen sind. Es ist, wie so oft, Frauenarbeit. Kein Wunder, dass ein Lachen hier selten ist, ganz im Gegensatz zu ein paar Stunden zuvor und zu jenem Wasserprojekt, das wir tags darauf besuchen sollten.

Sie können sich vielleicht vorstellen, wie schwierig die Arbeit als Priester in dieser Region ist. Die Menschen sind zwar sehr gläubig, und ein Gebet etwa vor den Mahlzeiten ist selbstverständlich. Aber wie den Glauben an Gott nicht verlieren, wenn der Magen knurrt und man als Priester oftmals nichts geben kann als Worte. Dennoch sind die Priester, die wir im World Vision Büro im Projekt Lubulini treffen, überzeugt und mit Freude bei ihrer Arbeit, und machen sie so gut sie können. Sie geben eben, was sie haben, und das spüren, wissen und schätzen die Menschen auch.

Nächster Besuch: eine Volksschule

Und da erwartet uns, pünktlich zum Mittagessen in den Schulbänken, hoher Besuch. Der Parlamentsabgeordnete der Region nutzt die Gelegenheit, um Hallo zu sagen und – ganz Politiker – mitten unter seinen Wählern zu sein. Schnell wird klar, was hier der große Wunsch an World Vision ist: Hilfe bei der Errichtung einer neuen Gesundheitsstation. Den Platz dafür kriegen wir später auch noch zu sehen. Derzeit befindet sich die nächste Gesundheitsstation ca. 60 Kilometer entfernt, und es kann ein Todesurteil sein, akut krank zu werden.

Elfi macht aber auch sehr klar: sie wird das Projekt in Österreich prüfen, aber das geht nicht von heute auf morgen, und wenn nicht alle vor Ort bereit sind, mitzumachen kann es nicht funktionieren. Es liegt an den Menschen anzupacken und bereit zu sein, wenn Hilfe von außen wirklich greifen soll.

Auf dem Weg und Dagmars Patenkind besuchen wir noch einige in Bau befindliche World Vision Projekte. Schön zu sehen, wie gut eingesetzte Spenden zu Häusern werden.

„Hallo Zukunft“ könnte als Leitspruch auf den Häusern stehen...

Mit einiger Verspätung kommen wir bei Dagmars Patenkind Phiwayinkosi an.

Dagmar: “Ich unterstütze das Projekt Lubulini jetzt seit sieben Jahren und kenne mein Patenkind seit er ein Baby war von Fotos und den Fortschrittsberichten von World Vision. Aus der Ferne war ich immer schon sehr stolz auf ihn. Er will Arzt werden, liebt rechnen und Fahrräder.

Aber als wir die letzten Meter zu seinem Zuhause fahren, bin ich nicht nur neugierig, sondern vor Aufregung kommen mir auch die Tränen.

Ich erkenne ihn sofort, es ist der süße Kleine im grauen T-Shirt, der eben schnell hinters Haus flitzt. Da ist wohl jemand genauso aufgeregt wie ich. Aber schnell ist die Neugierde größer, und dann hocke ich schon vor ihm. Große, dunkle Augen, die Arme schüchtern hinterm Körper. Ich wette, Phiwainkosi, übrigens heißt das “Der von Gott Gegebene”, ist sonst nicht ganz so (was mir seine Mama bald auch bestätigen wird). Und dann plaudern wir. Das heißt, ich rede und kriege hin und wieder ein schüchternes Nicken und ein gaaanz vorsichtiges Lächeln. Ok – Zeit, das Eis noch mehr zu brechen. Also her mit dem Rucksack voller Geschenke. Zwei Minuten später spielen wir mit den von mir mitgebrachten, selbstfahrenden Autos. Dann lerne ich seine Eltern kennen. Mein Patenkind ist das jüngste von neun Kindern, bald plaudern auch seine Schwestern und Brüder mit.

Zeit für Fotos und – da schau her – die Eltern verstehen Spaß! Und wie. Phiwayinkosi sitzt auf meinem Schoß, sein Papa plötzlich auf dem seiner Mama – und dann spielen wir alle zusammen Fußball.

Wir bleiben über eine Stunde und es ist schon ganz dunkel, als ich mich von meinem Patenkind mit einer Umarmung und noch mehr Tränen verabschiede.

Mit einem warmen Gefühl im Herzen, aber wie auch nicht, als mir Phiwayinkosis ADP-Betreuer übersetzt, das er mich sehr lieb findet, steige ich in das wartende Auto.

Ich hab dich auch lieb, Kleiner, glaub mir! Sogar ins Mikro spricht er mit mir, und er grüßt alle Life Radio Hörer wie ein ganz Großer.

Auf dem Weg ins Hotel, bin ich genauso still und nachdenklich wie überzeugt davon, vor sieben Jahren genau die richtige Entscheidung getroffen zu haben, als ich mich um eine World Vision Patenschaft beworben habe. Ich habe gesehen, was meine monatliche Spende bewirkt und verändert.

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