
Für den Rest der Welt wird Afghanistan unmittelbar mit Konflikten und einer labilen Sicherheitslage in Verbindung gebracht. Doch nach nur drei Tagen meines Aufenthalts zeigt sich ein anderes Bild von Afghanistan: Ein Ort von unglaublicher Geschichtsträchtigkeit, spektakulärer, wunderschöner Natur und außergewöhnlichen Menschen.



Ich schreibe in dem dunklen, stillen Gästehaus in dieser kleinen, staubigen Provinzstadt, in welcher der Stromgenerator in der Nacht ausgeschaltet wird. Draußen sieht man nur wenige Frauen, und diese sind komplett verschleiert. Weit mehr Turbane und Bärte sind zu sehen – in der Stadt, die ein Kollege als die Hauptstadt der Bärte bezeichnet. Die Gesichter sind unterschiedlicher als anderswo: Paschtunen, Tadschiken, Turkmenen, Usbeken und die nomadischen Kuchis. Während wir durch die windigen, holprigen Straßen gehen, kommen wir an mit Teppichen gesattelten Pferden, Eseln, Motorrädern und Bergen von Wolle und Plastikflaschen vorbei. Weiden von Gräsern und Mohnblumen umgeben uns bei unserer Fahrt hinaus aus der Stadt, in einer nur drei Monate dauernden Zeit zwischen der eisigen Kälte des Winters und der sengenden Hitze des Sommers.
Das Leben auf dem Land ist hart. Wir sehen Dörfer aus Häusern mit schmutzigen Ziegeln, in denen Esel die kurzzeitig fruchtbaren Felder pflügen und Kinder zwei Stunden oder noch länger gehen, um Wasser aus dem Fluss zu ihren Häusern zu bringen. Den Großteil der letzten Jahre gab es Dürre, zwischenzeitlich jedoch auch Überflutungen. Shura, der Vorsitzende des örtlichen Rates, sagt mir, dass es hier nicht genügend Arbeit gebe und deshalb die jungen Menschen abwandern.
World Vision arbeitet hier seit Jahren. „World Vision führt in dieser Region die grüne Revolution – es wachsen Obstbäume, Sojabohnen, Safran- und Pistanzienbäume“, erzählt mir ein Kollege, der mich begleitet. Er sagt, dass es ein „vergessener Ort“ sei. „Es braucht Zeit, bis uns die Gemeinden kennen und vertrauen lernen. Doch nun sind wir Freunde, und vieles ist bereits geschehen.“
Wir begegnen Habib, der uns stolz sein Feld junger Pistazienbäume zeigt. „Das wird uns eine große Chance für meine Familie bringen. Die Bäume sind trockenresistent, und wir können wir in den nächsten zweihundert Jahren Pistazien haben.“
Der örtliche Shura-Führer hat mich zu meiner ersten Tasse Tee in seinem typisch afghanischen Haus eingeladen. Ergriffen höre ich Mohamed zu, der uns die Geschichte seiner Familie und Gemeinde erzählt. Er hofft, dass sechs seiner sieben Töchter Ärzte oder Lehrer werden. Er beschreibt anschaulich die Falle, in die 16- und 17jährige Burschen tappen, wenn Menschenhändler ihnen Arbeit im Iran versprechen, wo sie häufig in Drogenabhängigkeit verfallen. Als Mohamed World Vision für die Unterstützung gedankt hat, lädt er uns ein zu übernachten. Mohamed scheint meine Gedanken lesen zu können: „Sie werden hier sicher sein. 4.000 Menschen stehen hinter mir, und niemand kann Ihnen ein Leid zufügen.“
Lesen Sie mehr aus dem Blog von Justin Byworth:http://blog.worldvision.org.uk/category/highs-and-lows-of-afghanistan/
Wenn Sie eine Übersetzung eines Blog-Beitrages möchten, können Sie sich gerne an uns wenden! office@worldvision.at.
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