Heute
blogt Michele Pauty für uns! Michele Pauty ist eine österreichische Fotografin
und Journalistin, die mit dem Reiseteam unterwegs ist.
Gestern war der erste Tag unserer Reise durch die Dörfer. Wir wohnen in
einem Hotel in Koidu, von dem aus wir täglich in ein anderes Dorf fahren,
in dem die beiden Ärzte vom Sankt Leonhard Spital zusammen mit der Hilfe von
den Krankenschwestern vor Ort die Kinder und Frauen behandeln, die sich
dort einfinden. Manchmal ist es ein Office des Regionalentwicklungsgebiets,
manchmal eine Krankenhausstation, wo zwei Krankenschwestern vor Ort behandeln,
was in ihren Kräften steht. Doch oft können sie nichts tun, als die
Patienten zu dem meist neun Kilometer weit entfernten
Krankenhaus weiterzuschicken, manchmal weiter, ohne eine öffentliche
Verbindung. Fast alle, die heute zu den Ärzten gekommen sind, haben den Weg zu
Fuß auf sich genommen.
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Ein Bub vor dem Spital in Fiama |
An unserem ersten Tag in dem neu erbauten Office des
Regionalentwicklungsgebietes in Ngwambene behandeln Peter und Gudrun in
den noch leeren Office-Räumen notdürftig mit kaum vorhandenen Medikamenten
die Ströme von Frauen mit ihren Kindern. Auch manche Männer finden sich ein mit
Sehschwächen oder orthopädischen Problemen, die sich enttäuscht wieder auf den Heimweg
machen. Die Nachricht, dass die weißen Ärzte kommen, hat viele Menschen
angelockt, leider kann nicht jedem geholfen werden. Viele müssen überhaupt
gleich ins Krankenhaus weitergeschickt werden. Hier vor Ort gibt es keine
Möglichkeit zu operieren.
Eine ältere Frau mit Eierstockkrebs kommt zu Gudrun. Ihr Bauch ist
geschwollen wie im siebten Schwangerschaftsmonat und voller Wasser, welches
langsam mit einer Spritze abgesaugt werden muss. Der ganze Prozess dauert fast
eine Stunde lang und wird der Frau vorübergehend Erleichterung verschaffen. Helfen
kann man ihr nicht mehr. Ähnlich traurig fühlt sich die Diagnose für einen kleinen Jungen
an, der nebenan von Peter behandelt wird. Die Mutter hält seinen Arm hoch
und fragt, ob man ihn richten kann, worauf Peter erwidert: In Zukunft muss sie
gleich in ein Krankenhaus gehen, nun kann man nichts mehr machen. Erst als der
Bub beginnt, den Arm zu bewegen, sehe ich, dass der Arm gebrochen war und
schlecht wieder zusammengewachsen ist. Der Unfall ist schon ein halbes Jahr
her. Der Junge weint aus Angst vor dem großen weißen Mann, und ich denke an die
Zukunft von diesem Kind in einem Land, wo deine körperliche Unversehrtheit dir
deinen Lebensunterhalt garantiert.
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Unsere Fotografin Michéle Pauty |
Wieder im Innenhof sehe ich einen schon größeren Jungen in einer Tür
sitzen. Er lächelt mir zaghaft zu und grüßt mich. Nachdem ich ihn fotografiert
habe, setze ich mich zu ihm und unterhalte mich mit ihm. Sein Englisch ist
ausgezeichnet, und ich erfahre, dass er zehn Jahre alt ist und Tamba Yaan heißt.
Als ich ihm eine Postkarte von Wien im Schnee schenke, um ihm zu erklären wie
kalt es in meiner Heimat ist, lacht er, aber ich glaube, er hat mich nicht
verstanden. Ihn beeindruckt mehr, dass mein Name auf der Rückseite der Karte
steht. Er bleibt noch den ganzen Tag, und ich treffe ihn immer wieder in dem
Getümmel von Kindern, das sich um das Office des Regionalentwicklungsgebietes
schart. All diesen Kindern, die deine Haut berühren wollen und sich die Fotos
anschauen und nicht aufhören zu lachen, die noch nichts wissen von diesen
vielen Problemen, die noch auf sie zukommen werden…: Ich wünsche jedem von
ihnen einfach nur viel Glück auf seinem Weg.