Wieder geht es los in der Nacht, um 4 Uhr zum Flughafen. Von Yangoon fliegen wir nach Nyang U in der Mitte des Landes. Am Flughafen werden wir bereits vom Projektmanager Marku freudig erwartet. Wir fahren durch die Touristenhochburg Bagan, die Stadt der tausend Tempel. Mehr als 4.000 Pagoden in jeder Größe stehen hier links und rechts der Straße. Nach einer Stunde erreichen wir die Stadt Yenanchaung. Im Büro des Area Development Programs (ADP) werden wir von allen Mitarbeitern herzlich empfangen.
In einer Präsentation werden wir in die Arbeit und das gesamte Projekt eingeführt. Nach einem Mittagessen geht es endlich ins Feld, in die Dörfer, die gemeinsam unser Projekt ausmachen.
Vor dem ersten Dorf erwarten uns Bauern. Ein wichtiges Programm hier ist die Ackerlandgewinnung. Die gesamte Gegend um Yenanchaung wird in Myanmar auch die grüne Wüste genannt – es wachsen zwar Bäume, die Landschaft wirkt grün, aber der Boden ist nicht als fruchtbares Ackerland geeignet. Umso wichtiger ist es hier, den Boden vor Erosion zu schützen. Die Bauern zeigen uns, wie eine kleine, einfach wirkende Idee Landwirtschaft in diesem trockenen Gebiet ermöglicht hat. Viele kleine Gräben durchziehen die Landschaft. In ihnen sammelt sich das Regenwasser, der gute Boden setzt sich ab, und das Wasser fließt weiter und wird dann in Teichen zur Bewässerung gesammelt. Ein Bauer erzählt uns, dass am Anfang die Skepsis der Bewohner enorm war, erst ein kleines Versuchsfeld, bei dem der Erfolg der Methode vorgeführt wurde, hat die Bauern überzeugt. Die Bauern bitten uns im Anschluss weiter in ihr Dorf Kone Kan.
Auf das was und dort erwartet hat, waren wir nicht vorbereitet, oder besser konnten wir nicht vorbereitet sein. Hunderte Dorfbewohner – es war ein Feiertag in Myanmar – empfangen uns am Dorfeingang. Links und rechts der Straße aufgestellt wollen sie uns alle die Hände schütteln. Die Herzlichkeit, die Freundlichkeit und die Neugierde der Leute auf uns Gäste sind vollkommen überwältigend. Nachdem wir alle (!) Hände geschüttelt haben, führen uns die Bewohner zum Gemeindeplatz, wo ein Zelt mit einer richtigen Festtafel für uns aufgebaut ist. Wir erhalten jetzt die Chance die Bewohner zu ihren Projekten und auch nach ihren Wünschen zu fragen. Sie erzählen uns sehr stolz, wie sie mit der Hilfe von World Vision und privaten Spenden aus der Gemeinde die Schule errichtet haben. Lediglich fehlen noch Schulmöbel, da sind zu wenige vorhanden. Interessant ist, dass viele der Dorfälteren in den Komitees mitarbeiten, in den sogenannten Community based organizations (CBOs). Sie erzählen uns, dass sie etwas für ihre Kinder verbessern wollten – und dann kam World Vision und hat ihnen dabei geholfen, vieles möglich gemacht. Wir fragen, ob sie einen Wunsch haben, die einzige Antwort, die wir bekommen ist: Eine glückliche Zukunft für ihre Kinder. Es ist beeindruckend, dass gerade die älteren Menschen im Dorf so viel an die Zukunft der übernächsten Generation denken.
Ein kleiner Bub erzählt uns, dass er gerne in die Schule geht, dort kann er mit seinen Freunden Fußball spielen. Hoffentlich, so erzählt er uns, kann er auch bald auf einer Schulbank sitzen. Besonders gefällt ihm der Spielplatz. Wir fragen ihn, ob er uns seine Schule und seinen Spielplatz zeigt. Stolz marschiert er vor uns durch das Dorf dorthin. Die Dorfbevölkerung folgt uns. Der Direktor und die Lehrer zeigen uns das wirklich schöne Gebäude. Im Moment ist sogar eine Erweiterung zu einer Mittelschule geplant, und die Bewohner haben auch schon mit der Errichtung begonnen. Als Überraschung haben wir Fußbälle für die Kinder mitgebracht, die gleich ausprobiert werden.
Nach diesen überwältigenden Erlebnissen müssen wir aufbrechen, in das nächste Dorf Phaung Kwe. Wir besuchen kurz eine Zeremonie im Dorf, es ist das buddhistische Lichterfest, und werden dann in einen Kindergarten geführt, der von World Vision gemeinsam mit den Dorfbewohnern errichtet wurde. Wieder erwarten uns hunderte Dorfbewohner und vor allem die kleinen Kinder, die den Kindergarten besuchen. Sie tanzen und singen für uns. Ein Bub erzählt uns, wie ein Tag abläuft: „Zuerst spielen wir im Haus, dann haben wir eine gemeinsame Andacht, dann geh ich aufs Klo, und dann spielen wir draußen.“ Das Projekt hat erreicht, dass es einen Ort gibt, wo die Kinder, die bisher auf der Straße gespielt haben, nun beaufsichtigt und betreut werden – ja sogar auf die Schule gezielt vorbereitet werden. Die Mütter erzählen uns, dass sich die Kinder sehr stark entwickeln, viel aktiver und neugieriger sind, seit sie hier ihren Kindergarten haben. Die Kinder wieder erzählen uns, wie lustig es ist, mit anderen Kindern zu spielen und gemeinsam Lieder zu singen. Uns wird auch das Komitee, das CBO vorgestellt, dass den Bau des Kindergarten und die Erneuerung der Schule organisiert. Auch hier sind wieder viele ältere Bewohner, die aktiv etwas für ihre Kinder ändern wollen. Alle Männer und Frauen des Komitees haben dazu ihre besonderen Fähigkeiten eingebracht, selbst der Zimmermann, der den Bau geleitet hat, arbeitet im Komitee mit. Im Kindergarten treffen wir auch noch Patenkinder von Paten, die uns kleine Geschenke mitgegeben haben. Sie freuen sich besonders über die Stifte und die Hefte, Papier gilt hier als besonders wertvoll.
Beide Projekte zeigen auf beeindruckende Weise, wie aktiv, wie initiativ die Bevölkerung des ADPs ihre Umgebung mit der Hilfe von World Vision ihre Umgebung verbessern will!
Trotz der einbrechenden Dunkelheit fahren wir noch in ein drittes Dorf. Dort kümmern sich Kinder mit ca. zehn Jahren selbstständig um über 40 Ziegen. Sie hüten sie nach der Schule immer in kleinen Gruppen zu je fünf Kindern und sorgen am Abend dafür, dass die Ziegen gut ins Dorf zurückkommen. Dadurch ermöglichen sie den Eltern und den Besitzern, dass sie sich auf die wichtige Feldarbeit konzentrieren. Die Kinder tragen so aktiv zur wirtschaftlichen Verbesserung für ihre Familien bei. Wichtig ist hier, dass die Kinder dies nur am Nachmittag machen und am Vormittag die Schule besuchen.
Voll mit so besonderen Eindrücken und überwältigt von unglaublichen Begegnungen endet unser erster Tag in Yenanchaung. Wir sind gespannt, was uns morgen erwarten wird.
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