Donnerstag, 26. Januar 2012

Bericht aus Niger

von Seth Le Leu – Leiter Internationaler Programme, WV Neuseeland

"Dieses Jahr ist kritisch, und wir haben nichts“, sagt Mutala Ama, ein 18jähriges Mitglied der World Vision Drama Gruppe in Goulbi Nkaba im westafrikanischen Niger. Ich habe mit einer Gruppe junger Menschen gechattet, die von World Vision geschult wurden, Kinder im Hinblick auf die Wahrnehmung ihrer Rechte zu unterrichten. Dann haben wir über die Situation in Niger und Mutalas Kommentar gesprochen. Ich besuche Niger zum ersten Mal, und als jemand, der in über achtzig Länder der Welt gereist ist, muss ich sagen, dass die Lage in Niger die düsterste ist, die ich jemals gesehen habe.
Wie beschreibst du Niger? Zunächst wird es von den meisten Menschen in der Welt vergessen. Viele Menschen denken, dass ich Nigeria falsch benannt habe. Niger und Nigeria teilen eine gemeinsame Grenze und einen ähnlichen Namen, welcher mit dem mächtigen Fluss Niger assoziiert wird, der durch beide Länder fließt. Niger hat einen dünnen halb-fruchtbaren Streifen entlang dem Süden des Landes, das zu etwa 80% von Wüste bedeckt ist. Ich bin während der Erntezeit in die Region Maradi gereist, die im Süden des Landes liegt. Dies ist normalerweise die beste Zeit, Entwicklungsländer zu besuchen. Es ist die Zeit des Jahres, wenn Menschen genügend zu essen haben: Es liegt Hoffnung in der Luft, die Kornkammern sind voll mit dem letzten Getreide, und es ist die Zeit, in der häufig Hochzeiten stattfinden. In allen Bereichen sah ich die geerntete Hirse, und die Märkte waren voll von diesem Getreide. In Sabon Machi, einem riesigen Markt, wurden heute Getreide, Vieh und viele andere Waren lebhaft feilgeboten. Doch der Bestand geht zurück. Die Bauern haben mir erzählt, dass die Ernte nur ein Zehntel davon ist, was die Menschen zum Überleben für ein Jahr benötigen.

In der örtlichen Klinik werden die ersten Anzeichen der Nahrungskrise sichtbar; sehr kleine Kinder werden in diese Klinik gebracht, augenscheinlich unterernährt, und mit keinem Ausblick für ihre Familien in den sehr langen Monaten bis zu der nächsten Ernte. Die Kliniken wimmeln mit Müttern, die angesichts der Unterernährung und Zerbrechlichkeit ihrer Kinder verzweifelt sind. In einer Klinik, die ich besucht habe, müssen dreihundert Mütter sein, ein medizinischer Assistent und zwei weitere Regierungsmitarbeiter.

Je länger ich bleibe, desto komplexer scheint die Situation zu werden. Es ist schon so, als würde die Hungersnot in Ostafrika auch Teile von Westafrika umgreifen. Gewiss ist, dass die Hungernot wie ein Aasgeier über Westafrika kreist. Noch ist dieser Aasgeier nicht gelandet, doch es scheint, dass es nur eine Frage der Zeit ist. Die internationale Gemeinschaft darf nicht über eine Hungersnot hier überrascht sein, denn es braucht jetzt nur die Mobilisierung, um auf die immanente Krise aufmerksam zu machen.

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